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Ausgefallenes und Anrüchiges, Desire und Baudelaire

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

möchten Sie Haarausfall? Was ist Ihnen lieber, Mäuse oder Männer im Zimmer? Wir zaubern mit Baudelaire, wecken die Sehnsucht und errichten ein Anti-Blockier-System gegen leere Blätter. Und dann gibt es noch angewandte Grammatik für Ihre Geschäftspost.

Ach ja, die März-Ausgabe hatte ich doch tatsächlich ins Jahr 2013 datiert – sorry!

Von Ausfallendem und Anrüchigem, Müesli, Mann und Maus

Die meisten von uns wünschen sich eher mehr als weniger Kopfhaare. Gehören Sie zu denen, die einige Exemplare loswerden möchten? Dann fühlen Sie sich vielleicht von der Werbung für eine Haarausfallkur angesprochen. Ein schönes Beispiel für die Tücken der internationalen Werbung begegnete mir in einer Kosmetik-Broschüre; dort bot man einen Duft namens „Furze“ an. Nein, das ist kein Imperativ, sondern bedeutet, wie LEO mir verriet, Ginster! Ungewollt komisch fand ich auch die Reklame auf einem Bus: neben einem Gesicht stand „after“. Etwas unglücklich war das Ganze mit den Before-und-after-Bildern beklebt, genau wie die Ebenfalls-ÖPNV-Werbung „Kinder machen“, wo das zugehörige „Theater“ zwei Fahrzeugtüren weiter zu finden ist! Der berühmte Müesli-Mann (nicht Müsli, das sind Mäuschen, habe ich gelesen) von Dr. Bircher-Brenner verwandelte sich in einer Online-Beschreibung zu Dr.-Bitcher-Brenner. Und wo wir gerade bei Mäusen sind – im Russischen ähneln sich die Worte für Ehemann und Maus, jedenfalls wenn man sie laienhaft ausspricht. Mit meinem Ex-Mann stand ich einmal an einer Hotel-Rezeption und wollte auf Mäuse im Zimmer hinweisen. Die Damen vermuteten eher eine Beziehungskrise …

Tipps und Tricks für Ihre Texte – ins Schreiben kommen und Ideen finden

Wie soll ich bloß anfangen, was will ich überhaupt genau rüberbringen? Angst vor dem leeren Blatt bzw. Bildschirm trifft nicht nur Kunst Schaffende, sondern alle, die Geschäftspost, Werbetexte und private Post verfassen. So unterschiedlich diese Werke auch sind, die Anti-Blockier-Systeme sind gleich:

Stellen Sie innere (und äußere) Kritiker erst einmal kalt. Nichts muss sofort druckreif sein; fangen Sie einfach an zu schreiben. Als ich hauptsächlich redaktionelle Beiträge für eine Monatszeitschrift verfasste, schrieb ich nach den Interviews erst einmal alles unrein in das Dokument; die innere Kritikerin hatte ihre helle Freude daran!

Später geschah das Wunder: aus den Fragmenten ließen sich ansehnliche Sätze formulieren. Und da sind wir bei einem wichtigen Punkt: Kennen Sie Ihren Bio-Rhythmus? Ich selbst funktioniere morgens am allerbesten und dann wieder am späteren Nachmittag. Unsere Tochter läuft zur Hochform auf, wenn ich mich schon wieder vom Tag verabschiede. Wenn Sie sich zu Ihren persönlichen Bestzeiten und an einen für Sie stimmigen Ort setzen, klappt es ganz sicher. Wer in einem Text klemmt, kann sich auch zwischendurch mit etwas anderem befassen, auch mit anderen Texten. Oft hilft auch schon ein kleiner Ortswechsel; je nachdem, wo und wie Sie arbeiten, besuchen Sie jemanden oder holen Sie sich einen Kaffee! Was auch den Geist in Gang setzt: Sätze oder Stichworte zu Ihrem Thema notieren, ob handschriftlich, ob elektronisch. Wer mag, erkundige sich im Internet oder in der Bücherei nach Free Writing. Es gibt verschiedene Ansätze, themenorientiert oder „einfach so“, und Sonderformen wie Clustering oder automatisches Schreiben. So oder so setzen Sie Ihre Gedanken in Bewegung, finden Themen,  gewähren Unbewusstem Raum oder halten Ideen erst einmal fest. Probieren Sie aus, was Sie für Ihre Projekte brauchen!

Angewandte Grammatik: Strukturen bei Aufzählungen

Kürzlich las ich etwas in dieser Richtung:

Medikament X

Wie wäre es mit

Medikament X
In die Apotheke kommen Jetzt verlangen
Einnahme Sofort einnehmen
Wirken Gesund werden

 

Grundsätzlich zu Aufzählungen in Geschäftspost und Werbetexten:

–        sie bieten eine gute Übersicht

–        sie springen sofort in die Köpfe

–        sie stellen Vorteile heraus.

Vorsicht beim sprachlichen Strukturwandel:

Unterschiedliche grammatikalische Strukturen wie beim oberen Beispiel verhindern flüssiges Lesen und Begreifen. Klar weiß man, was gemeint ist: Sie sollen in die Apotheke kommen, was kaufen, schlucken und wirken lassen. Da in diesem Fall zum Wirken das Lassen gehört, wirkt das Ganze ein wenig unfertig, es sei denn, der Laden sucht Personal, Sie nehmen den Apotheker oder die Apothekerin für sich ein und wirken dort!

AIDA-Formel: Attention, Interest, Desire, Action

Sie haben Menschen auf sich aufmerksam gemacht, interessiert – nun wecken Sie die Sehnsucht, das D der AIDA-Formel. (Und ich habe jetzt einen Ohrwurm: den Song Venus von Shocking Blue, in dem es heißt „Well, I’m your Venus, I’m your fire, what’s your desire“.)

Wonach auch immer es Sie verlangt, Sie möchten dank AIDA das Verlangen nach Ihrem Produkt oder Ihrer Dienstleistung in dem Maße, dass es anschließend heißt: uuund action. Warum soll jemand ausgerechnet bei Ihnen kaufen (oder Sie als PartnerIn oder MieterIn begehren?). Die Gründe können emotional und/oder verstandesbetont wie Produkteigenschaften, Preise oder andere sachliche Vorteile sein. Auf „Emo“-Ebene spielen das Image, das Produkt als Statussymbol oder Abstrahlen von Eigenschaften eine Rolle: wer das besitzt, ist selbst ganz wunderbar. Ich kenne einen Katalog, dessen Texte mit „Ihre Nachbarn werden Sie beneiden“ agieren. Das gefällt mir persönlich überhaupt nicht. Nutzen Sie lieber auch hier das Storytelling und erzählen Sie eine Mini-Erfolgsgeschichte Ihres Produkts. Der Das-will-ich-auch-Effekt ist damit größer. Denken Sie darüber nach, wie die Anzulockenden ticken, und formulieren Sie inspirierend. Wie wäre es mit zauberhaften Worten à la Baudelaire?

Charles Baudelaire, französischer Dichter, 1821 bis 1867

Eine Sprache mit Geschick handhaben heißt, eine Art Verschwörungszauber zu betreiben.

Anfang Mai kommen zu Ihnen:

April-Findlinge, Satzzeichen zur Text-Belebung, Kreativtipp Mindmapping, AIDAs Action und Kluges von Euripides.

Einen wunderbaren April und schöne Ostern wünscht Ihnen

Ihre Petra Große-Stoltenberg – mit einem dicken Dankeschön fürs Lesen

www.textwecker.de

©2014 Petra Große-Stoltenberg

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